Martin Thonemann – Abt von Hardehausen
Klosterabt (1544 bis 1567) des Zisterzienserklosters in Hardehausen
In der Geschichte des Zisterzienserklosters in Hardehausen wird Martin Thonemann aus Warburg als 41. Abt genannt. (Abt = Vater – auf den Klostervorsteher angewandt und beschränkt, so dass geistliche Vaterschaft und rechtliche Leitung sich verbinden; die Bezeichnung Abt findet sich nur in den älteren Orden.) Martin regierte in Hardehausen von 1544 bis 1567 in einer sehr schwierigen Phase der Klostergeschichte.
Die Klostergründung 1140
Blick auf das ehemalige Zisterzienserkloster Hardehausen. Heute, 1992, ein Zentrum der Bildung mit dem Jugendhaus der Erzdiözese Paderborn und dem Sitz der katholischen Landvolkshochschule „Anton Heinen“, in 1949 gegründet.
Hardehausen liegt knapp 3 km nordwestlich von Scherfede (heute Stadtgemeinde Warburg) in einem schönen und anmutigen Waldtal in der südlichen Egge. Um die Jahrtausendwende befand sich in diesem Wald und sumpfigen Ödland eine kleine Siedlung „Hersuitehusen“, später Hardehausen genannt. Auf den Ruf des Paderborner Bischofs Bernhard I. kamen Zisterziensermönche am 28. Mai 1140 nach Hardehausen.
Bischof Bernhard I. hatte sich in seiner frommen Gesinnung aus religiösen und pastoralen Motiven sehr um diese Klostergründung in seinem Bistum bemüht; das neue Kloster sollte zum vermehrten Gotteslob beitragen und der weiteren Verbreitung des mönchischen Lebens an mehreren anderen Orten dienen. Vermutlich hatte der Bischof auf seinen Reisen die erste Niederlassung der Zisterzienser in Deutschland in Kamp (Kamp-Lintfort), etwa 10 km nordwestlich Moers am Rhein gelegen, kennengelernt und den Fleiss und die hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen der Mönche auf dem Gebiet der Kultivierung von Sumpf- und Ödlandflächen (Rhein-Altarm) bewundert. Ohnehin sprachen ihn die strenge Einfachheit der Klosterbauten sowie die tiefe Frömmigkeit und harte Klosterzucht der schwer arbeitenden Mönche an. Da er der Neugründung eines Klosters in seinem Hoheitsgebiet seine volle Unterstützung und daneben auch reiche Schenkungen in Aussicht stellte, kam die vom Generalkapitel des Mutterklosters in Morimont/Frankreich erforderliche Genehmigung auch bald.
Nach den Ordensstatuten schickte das Kloster Kamp im Jahre 1140 neben dem Abt Daniel 12 Mönche (abbildweise: Jesus – 12 Jünger) nach Hardehausen. Die Gegend war ganz hervorragend geeignet für die Anlage eines Zisterzienserklosters – so die Auffassung der Neuankömmlinge – sowohl für die fromme Gottesbetrachtung als auch für die Kulturarbeit. „Weil die Welt mit ihrem Treiben in die Klöster eingedrungen war, suchte man nach einer Form, die die Welt absolut fernhielt. Daher die Anlage in abgelegenen Waldtälern und das Bestreben, die möglichst einfachen Bedürfnisse selbst zu erwerben.“ (F. Winter: Die Zisterzienser des nordöstlichen Deutschlands)
Damit war der Beginn gesetzt für eine schwere, aber segensreiche Arbeit in Hardehausen, die sich nicht nur für das benachbarte Scherfede und seine Umgebung, sondern für das gesamte Paderborner Land fruchtbar auswirken sollte.
Große Schenkungen, der Austausch und Zukauf von Flächen, besonders die reichlich gebende Hand des Bischofs Bernhard von Oesede sorgte für einen abgerundeten Besitz. (Anmerkung: Die Familiennamen kommen erst nach und nach im Laufe des 12. Jahrhunderts auf, weil die bis dahin gebräuchlichen Vornamen zur Kennzeichnung einer Person nicht mehr ausreichten. Meistens wurde dem Rufnamen der Herkunftsort oder Geburtsort hinzugefügt.)
Immerhin 15 Jahre mußten vergehen, bis alle Klostergebäude fertig, entsprechende Flächen gerodet und kultiviert und dem Kloster die notwendige wirtschaftliche Basis verschafft war. Zahlreiche Verhandlungen mit bisherigen Eigentümern in diesem Raum, dem Kloster Corvey, Herzog Heinrich dem Löwen und dem Grafen von Everstein und Schoneburg mußten zum Abschluss gebracht werden, bevor die feierliche Gründungsurkunde am 15. Mai 1155 in Anwesenheit zahlreicher weltlicher und kirchlicher Gäste unterzeichnet werden konnte.
Teilansicht des ehemaligen Zisterzienserkloster (gegr. 1140) – von Scherfede kommend.
Die Zisterzienser
Zum besseren Verständnis für die Wirksamkeit des Klosters in den langen Jahrhunderten soll kurz auf die Zisterzienser und ihre Gründer eingegangen werden.
Die Zisterzienser nahmen ihren Ausgang Ende des 11. Jahrhunderts von dem benediktinischen Reformkloster Citeaux (Cistercium) (französisches Departement Cote d‘Or) unter Robert von Molesme 1098. Die Abtei „Abbaye Notre Dame de Citeaux“ liegt 23 km südlich der Großstadt Dijon an der Kreuzung der D 996 von Dijon nach Seurre mit der D 8 von Nuits-St.Georges nach Brezey-en-Plaine, 11 km ostwärts der Stadt Agencourt. Der Gründer des Zisterzienserklosters Abt Robert von Molesme, 1027 in der Champagne bei Paris als Sohn wohlhabender Eltern geboren, war Prior und Abt verschiedener Klöster, 1073 Oberer einer Gruppe von Einsiedlern im Wald von Collan gewesen, mit denen er 1075 „Molesme“ in Burgund gründete, ein Kloster benediktinischer Prägung, um den vielen ziel- und haltlos umherziehenden Wanderpredigern, Bettelmönchen und Eremiten eine „Heimstatt im Herrn“ zu bereiten. Die Bewohner der Abtei lebten anfangs ausschließlich nach der Regel des heiligen Benedikts von Nursia, die da lautete „Ora et labora“.
Die Zeit um 1075 war eine speziell in seiner Kirchenkultur tief erschütterte, teilweise bis ins Mark getroffene Epoche. Hohe klerikale Ämter konnten von weltlichen Herrschern erkauft werden. Vielerorts hatte sich durch die als „Simonie“ bezeichnete Kirchenämtervergabe eine in Baustil und äußerer Lebensführung präsentierte Prachtentfaltung gezeigt, die einen entsprechenden Lebensstil nach sich zog. Kirchengüter und Klöster wurden ausgebeutet, Priester und Äbte erniedrigt. Verunsicherung breitete sich überall aus, besonders dort, wo noch geordnete Verhältnisse ein Kloster auszeichneten oder gar ein bescheidener Reichtum, etwa durch Schenkung erworben, eine Gemeinde oder Kommune stützten, ihr bescheidenen Wohlstand, ein gutes Auskommen sicherten. Der Kampf des Papst Gregor VII. gegen die Simonie wurde nur durch Teilerfolge bestanden. Nach seinem Tode zeichnete sich der Verfall einer in sich gesunden Kirche nicht allein durch einen Papst und einen Gegenpapst ab, vielmehr erschütterten Kreuzzüge vom Ende des 11. Jahrhunderts bis hinein in das 13. Jahrhundert das Abendland bis hin nach Vorderasien und Nordafrika.
Schließlich waren die Klöster untereinander zerstritten, weil sich ein Teil dem rechtmäßigen Papst, ein anderer dem Gegenpapst zugehörig bezeichnete. Dies war schließlich eine Zeit, die nach Recht und Gerechtigkeit verlangte. In dieser unsicheren Strömung gerieten Standhaftigkeit und Überzeugung von aufrechten, gläubigen Männern und Frauen aus den Fugen.
So ist zu erklären, dass nicht nur viele Menschen auszogen, um die Wahrheit zu suchen, in der eremitischen Lebensweise das kontemplative Leben zu üben, sondern auch Gaukler mit großen Reden das Volk verwirrten. Diese Gruppe, unter dem Deckmantel des „Wanderpredigers“ umherziehender Männer, versuchte, das Volk auszunehmen, Worte der Rührung in Geld umzusetzen. Diese Menschen brachten zusätzlich die Kirche um ihren guten Ruf. Doch dieser Zeit der großen Unsicherheit und des allgemeinen Verfalls der sittlichen Werte, der fehlenden Lebensorientierung und der in ihren Grundfesten erschütterten und gelähmten Kirche wurde sozusagen eine Gegenbewegung mit der Besinnung auf das Urchristentum und der Treue zum christlichen Glauben entgegengesetzt.
Das war die Zeit, in der Robert von Molesme sein neu errichtetes Kloster allen öffnete, die aufgebrochen waren, um den Versuch zu wagen, sich in der Einsamkeit über das Gebet an Gott heranzutasten.
Das Kloster Molesme entwickelte sich in den ersten Jahren sehr stark, jedoch konnte sich Abt Robert den auch hier sich im Laufe der Zeit ausbreitenden Regelwidrigkeiten, Laxheiten und persönlichen Ausschweifungen der Mönche nicht mehr mit der gebotenen Strenge entgegensetzen. Er war ein Mann der Güte und Demut, beständig von dem Wunsch geleitet, benediktinische Regelstrenge zu verwirklichen und gewahrt zu wissen. Daher beschloss er mit einigen Getreuen nach langen, geheimen Beratungen, ein neues Kloster zu gründen, in dem eine kontemplative Lebensführung verwirklicht werden konnte. Im Jahre 1098 gründete Robert mit 21 gleichgesinnten Mönchen das Waldkloster Citeaux, das sich durch Bußstrenge und Armut auszeichnen sollte. Vor dem Auszug aus Molesme mußten sich Robert und die mitziehenden Mönche schweren Prügelstrafen unterziehen. Ein Gesetz zu dieser Zeit bestimmte, dass kein Mönch sein Kloster verlassen durfte. Es war ihm nicht gestattet, sein einmal gewähltes Kloster zu verlassen oder mit einem anderen zu vertauschen. Ein geflohener Mönch durfte höchstens für eine Nacht in einem anderen Kloster aufgenommen werden. Jeder Prior war damals verpflichtet, entlaufenen Mönchen Besonnenheit und freiwillige Rückkehr in ihre Abtei dringend zu empfehlen. Kein weiteres Kloster durfte einem uneinsichtigen Mönch Unterkunft gewähren. Für Gesetzesbrecher gab es vereinzelt sogar Kerker, auch Beschimpfung und die Prügelstrafe als Instrument für Einsicht und Besserung. Eineinhalb Jahre nach seinem Auszug wurde Abt Robert aufgrund einer Klage der verbliebenen Mönche in Molesme durch Befehl des Erzbischofs und Anweisung des Papstes Urban II. zur Rückkehr nach Molesme gezwungen.
Das Hauptgebäude des ehemaligen Zisterzienserklosters Hardehausen – im Jahre 1803 wurde von König Friedrich Wilhelm III. die Aufhebung verfügt – heute Landvolkhochschule in der Trägerschaft des Bistums Paderborn.
Erst durch Bernhard von Clairvaux, der 1112 als 21-jähriger Aufnahme in das Waldkloster Citeaux begehrte, erreichte der Orden in den weiteren Jahren großes Ansehen und weite Verbreitung. Von diesem Zeitpunkt an erlebte die Abtei Citeaux einen ungeahnten, kraftvollen Aufschwung. Der junge Bernhard begann bald, Reformbestrebungen im Kloster durchzusetzen. Er war Verfechter der Einhaltung der strengen benediktinischen Regel. Aus dieser Abtei Citeaux gingen die Zisterzienser hervor. Die jungen Mönche der Zisterzienser wurden auch wohl „Bernhardiner“ genannt.
Clairvaux war eine 1115 von Bernhard von Clairvaux gegründete Abtei der Zisterzienser im französischen Departement Aube. Clairvaux liegt ca. 60 km ostsüdostwärts der Stadt Troyes, 14 km südostwärts von Bar-sur-Aube in Forét de Clairvaux. Die Autobahn von Troyes (A5/E54) nach Beauchemin – Dijon führt 4 km südlich vorbei; ein Besuch von Clairvaux kann nicht empfohlen werden; der große Gebäudekomplex ist heute (1994) im Besitz der französischen Justizverwaltung; dort befindet sich ein Gefängnis (Sicherheitstrakt mit Wachtürmen), so dass nur ein kleiner Teil nach besonderer Anmeldung betreten werden kann.
Die Verbreitung der Zisterzienser-Bewegung war so durchgreifend, dass Anfang des 14. Jahrhunderts schon über 400 Klöster errichtet waren, vor allem in Frankreich, England und Deutschland.
Die Verfassung des Zisterzienserordens war gegenüber der des Benediktinerordens stärker zentralisiert; zur Grundlage der zentralistischen Verfassung des Ordens wurde unter Stephan Harding die „Charta Caritatis“ (1119) eingeführt. Der große Aufschwung beruhte auf der hervorragenden landwirtschaftlichen Kulturarbeit der Zisterzienser. Die damalige ostdeutsche Kolonisation bis zur Weichsel wurde zum guten Teil von ihnen getragen. Seit dem 14. Jahrhundert zeigte sich immer wieder ein innerer Verfall; unter den Reformbewegungen wurden die Trappisten am erfolgreichsten. Die Reformation, die französische Revolution und die Säkularisation trugen dazu bei, dass die meisten Klöster untergingen. Das erste in Deutschland gegründete Zisterzienserkloster war das schon erwähnte Kloster in Kamp (Kamp-Lintfort); Hardehausen war das 4. Tochterkloster in Deutschland und das erste im Bistum Paderborn.
Bernhard von Clairvaux
Hier sei eine kurze Lebensbeschreibung des Bernhard von Clairvaux eingefügt, weil der Name Bernhard in der Familiengeschichte immer wieder gewählt wird. Sicherlich ist Bernhard von Clairvaux einer der gewaltigsten Männer seiner Zeit; geboren wurde er im Jahre 1091 im Schloß Fontaines bei Dijon als Sohn des Ritters Tecelin aus dem Geschlecht der Grafen von Champagne und seiner Frau, der frommen und edlen Aleth. Seine Mutter verlor Bernhard schon im 14. Lebensjahr. Der reichbegabte Knabe setzte schon auf der Schule zu Chatillon seine Lehrer durch die raschen Fortschritte in Erstaunen; der Ruhm der Wissenschaft oder der Glanz ritterlichen Lebens winkte. Sein Wesen hatte etwas so Feines und Edles, dass er alle und alles für sich gewann. Im 20. Lebensjahr entschied der wissenschaftlich schon hochgebildete strenge Ordensleben zu folgen.
Die Zahl der Mönche wurde durch Bernhards eifriges Wirken für Citeaux zu groß; er schied aus dem Kloster aus und liess sich in dem wegen räuberischer Überfälle düsteren, gefürchteten und gemiedenen „Wermuththal“ nieder. Doch durch den Fleiss der Mönche wurde diese öde, verlassene Gegend recht bald in einen großen Garten umgewandelt; das Tal wurde deshalb und wegen des Lichts, das man hier suchte und fand, „Claravallis, Clairvaux, Lichtental“ genannt.
Schon im Alter von 25 Jahren wurde Bernhard zum Abt von Clairvaux gewählt, und dieses Kloster in Clairvaux wurde das Mutterkloster für viele weitere Klostergründungen. Von Zeitgenossen wurde die Beredsamkeit und die Macht des Wortes gerühmt; „seine Stimme war stark, seine Aussprache klar, seine Kenntnisse der Schrift und der Väter außerordentlich, seine Phantasie in immer neuen Windungen eines Stoffes unerschöpflich, mit Gelehrten sprach wie ein Gelehrter, mit Bauern, als hätte er immer unter ihnen gelebt.“
„Der blasse Mönch mit dem blonden Bart und Haar ist ein Ratgeber der Fürsten, der Könige, der Bischöfe, der Päpste; von der Stille seines Klosters lenkt er die Welt. Europa im Glauben zu einigen und gegen den Islam zu stärken, ist Ziel seines Lebens.“
Bernhard starb, 63 Jahre alt, im Jahr 1153; wegen der „Hoheit seines Wandels, wegen der thatenreichen Glut seines Eifers und der Reinheit seiner Lehre“ wurde er 1174 von der Kirche heilig gesprochen. Es gab bei seinem Tode 346 von ihm gegründete Zisterzienserklöster in West- und Osteuropa, die nach der strengen Regel von Citeaux lebten und Bernhard als ihren Vater verehrten.
Die ökonomische Grundlage des Klosters Hardehausen
Die Gründungsurkunde für das Kloster Hardehausen wurde im Jahre 1155 unterzeichnet; schon 1140 war der erste Beginn der Zisterzienser an diesem schönen Flecken Erde. Aber erst 25 Jahre nach dem ersten Beginn, im Jahre 1165 konnte die feierliche Einweihung von Kloster und Kirche durch Bischof Evergis aus Paderborn erfolgen.
Der Gründerbischof Bernhard I. starb am 16. Mai 1160; auf seinen Wunsch hin wurde er nicht in der Paderborner Domkirche, sondern in der Klosterkirche zu Hardehausen (im Chor vor dem Hauptaltar) beigesetzt. Die Fürsorge für dieses Kloster war auch durch die folgenden Bischöfe von Paderborn, Evergis (1160 bis 1178) und Siegfried (1178 bis 1188) gewährleistet. Es ist bekannt, dass die Paderborner Bischöfe mit dem Kloster nicht nur in der an sich langen Gründungsphase eine enge Verbindung gehalten haben, sondern auch über die weiteren Jahre hinaus. Reiche Dotationen beweisen dies. Die Mönche ihrerseits zeigten für diese Hilfe ihre Dankbarkeit, indem sie in ihrer Kulturarbeit und ihrer Gebetshilfe sich besonders anstrengten. Sowohl durch großzügige eigene Leistungen als auch durch zusätzliche Güter und Besitztümer auch außerhalb der näheren Umgebung von Hardehausen war eine gesunde wirtschaftliche Basis für den rasch wachsenden Konvent mit der großen Zahl von Mönchen und Konversen (Laienbrüder – zumeist Handwerker und Bauern – sie trugen im Gegensatz zu den Mönchen braune Kutten mit Kapuze) gegeben.
Von der Treppe des Hauptgebäudes sieht man auf der linken Seite ehemalige Wirtschaftsgebäude des Klosters, die heute als Tagungshäuser genutzt werden.
Die Bewirtschaftung der großen, inzwischen kultivierten landwirtschaftlichen Flächen mit eigenen Kräften (Festhalten an der Eigenwirtschaft) sorgte für einen gediegenen Wohlstand. Ökonomische Grundlage war zunächst die Schweinezucht und Schweinemast, die großen Eichen- und Buchenwälder mit dort gebauten Ställen erleichterten die Ernährungsgrundlage. Daneben war die Zähmung von Wildpferden zu kräftigen Helfern in der Landwirtschaft eine Aufgabe. Auch die Bienenhaltung wurde gefördert; das anfallende Wachs für kirchliche und profane Zwecke verwendet. Im 13. Jahrhundert, als die Nachfrage nach Wolle immer stärker wurde, sorgte das Kloster mit einer umfangreichen Schafzucht und der Errichtung von Wollwebereien für die Bedarfsbefriedigung. Der großen Schuhmacherei fehlte es nie an Arbeit, wenn man bedenkt, dass der Konvent in seiner Blütezeit bis 450 Mönche und Laienbrüder zählte. Größere und kleinere Fischteiche – zum Teil heute noch auf dem ehemaligen Klostergelände – sorgten für Fischreichtum, zumal die Klosterregel für den Konvent Fische als Hauptnahrungsmittel vorschrieb; der Fleischgenuss wurde stark eingeschränkt, zeitweise sogar verboten. Der Obst- und Gemüseanbau erlangte unter den Hardehauser Zisterzienser einen hohen Stand und wurde zu einem besonders ertragreichen Zweig der Landwirtschaft im Paderborner Land; der „Hardehäuser Klosterapfel“ ist dort bis auf die heutige Zeit (1994) bekannt.
Der ehemalige Kreuzgang des Klosters Hardehausen ist erhalten geblieben.
Das Kloster auf dem Wege zum größten Grundbesitz im Paderborner Land
Die innere Entwicklung des Klosters in Hardehausen war mit der Einweihung 1165 abgeschlossen. Nunmehr bestand die Aufgabe darin, den Besitz abzurunden; folglich mußten größere Besitzungen erworben werden. Das gelang durch den Kauf des Amtes Scherfede mit sämtlichem Landbesitz, das dem Kloster Corvey gehört hatte, für einen Kaufpreis von 584 Denare im Jahre 1223. Ebenfalls durch Kauf, zum Teil auch durch Schenkungen, übernahm das Hardehausener Kloster auch den ganzen Besitz des Grafen von Everstein. Damit war um 1350 der größte Teil der Feldflur in Scherfede in einer Größe von 60 Hufen (1 Hufe = 7,5 ha) im Eigentum des Klosters. Auch in Rimbeck, Nörde und Bonenburg, kleinere Dörfer zwischen Warburg und Scherfede, teils weiter nördlich gelegen, wurden erhebliche Flächen dazu erworben; damit wurden diese Siedlungen ebenfalls Klosteramtsdörfer von Hardehausen. Die großen Besitzungen in diesen Dörfern machten die Einrichtung eigener Verwaltungsstellen des Klosters, Ämter genannt, erforderlich, die auch die Grundherrschaft, teilweise auch die Gerichtsherrschaft ausübten. Ihre Eigenschaft als Klosteramtsdörfer behielten diese Orte bis zur Säkularisierung. Die Haupthöfe in den verstreut liegenden Besitzungen wurden aus Sicherheitsgründen meistens ummauert, immer aber eingefriedigt. Der gesamte Grundbesitz unterstand dem Wirtschaftsleiter, einem Klosterbruder, der „Kellner“ genannt wurde.
Auch außerhalb des eigentlichen Klosterbereichs wurden Zuerwerbungen getätigt; hier war der Sinn darin zu sehen, dass es in den abgelegenen Besitzteilen entweder zu neuen Klostergründungen oder an den bedeutenden Orten und Verkehrsknotenpunkten zu Absteigequartieren für die reisenden Klosterangehörigen kommen sollte. So wurde in diesem Rahmen sogar in Kessenich bei Bonn ein Weingut und in Fritzlar ein Hof erworben. Die eigentliche Aufgabe des Klosters, die Urbarmachung brachliegender Flächen wurde stets im Auge behalten. So vermehrten die Mönche den Wert ihrer Liegenschaften, gaben aber auch gleichfalls ein anregendes und nacheiferndes Beispiel für andere Grundbesitzer in diesen Gegenden. Den Haupthöfen oder auch den Absteigequartieren wurden später Zehntscheunen angegliedert, in denen die Abgaben gesammelt oder auch die in den Städten verkäuflichen landwirtschaftlichen Erzeugnisse des Bodens und der Viehhaltung eingelagert wurden.
Vom Kreuzgang gingen die Mönche früher durch diese Tür zum Refektorium (Speisesaal). Heute (2001) ist dort die Klaus-Kapelle.
Ein Absteigequartier unterhielt das Kloster natürlich auch in der Stadt Warburg, Sternstraße 27 – noch heute erhalten. Die wirtschaftliche Kraft des Klosters Hardehausen kann vervollständigt werden mit der Tatsache, dass das Fischereirecht des Diemelverlaufs von Billinghausen bis Ossendorf dem Kloster zugehörig war, und dass die Jagdberechtigung sich auf den gesamten Klosterbesitz bezog. Insgesamt 7.500 Morgen Wald (1 Morgen = 0,25 ha) waren im Eigentum des Klosters. Damit war – so um 1350 – Hardehausen die größte geistliche Grundherrschaft im Fürstbistum Paderborn.
Über 200 Jahre kontinuierliche Aufbauarbeit und ausweitender Besitz, reiche Schenkungen von Adel und von freien Bauern, besonders aber unermüdlicher Fleiss der Klosterangehörigen und eine kluge Wirtschaftsführung der Klosterleitung führten zu diesem angesehenen Höhepunkt. Hinzu kam die dauernde Geldverlegenheit des Adels und der Fürstbischöfe, auch der benachbarten Klöster, die es dem Kloster Hardehausen mit einer gediegenen Kapitalgrundlage, nicht zuletzt auch durch strenge Sparsamkeit im eigenen Hause, aber auch fromme Zuwendungen edler Spender gewonnen, ermöglichte, kleinere und auch größere Ausleihungen vorzunehmen, die wiederum einen erträglichen Zins, gelegentlich auch Verpfändung, meistens neuen Ankauf nach sich zogen. Für alle Klostermänner lohnte sich das Grundprinzip der Zisterzienser „Beten und Arbeiten“.
Der Tiefstand von Hardehausen im 16. Jahrhundert – die Auflösung 1803
In diesen Jahren – Mitte des 14. Jahrhunderts – erlebte das Kloster Hardehausen seine Blütezeit. Der große Landbesitz war gefestigt und die eifrige Kulturarbeit warf reiche Früchte ab.
Das religiöse Leben erreichte eine innere Tiefe, strahlte Liebe und Gottesfurcht aus; dies war im gesamten klösterlichen Wirkungsraum spürbar.
Strenges Fasten, täglich nur zwei Mahlzeiten, absolutes Schweigen und Beachtung der menschlichen Würde sowie Dankbarkeit an den Schöpfer, dies alles bewahrte den echten Geist klösterlichen Lebens. Die geistige Kultur, die Pflege des gemeinsamen Chorgesanges, die Beschäftigung mit der Philosophie (Thomas von Aquin), das Abschreiben wertvoller religiöser Bücher – ein wertvolles Evangeliar ist noch erhalten – die schöne Baukunst, ergaben die Grundlagen für ein reibungsloses Zusammenleben auf Gott hin, für eine Harmonie und eine echte christliche Gemeinschaft innerhalb der Klostergemeinde. Der angestrebte Gleichklang von Gebet und Arbeit wurde meisterhaft erreicht.
Aber unterliegt nicht alles dem Gesetz des Aufstiegs und des Niedergangs? Nichts bleibt so bestehen und erhalten, alles wird von der Veränderung betroffen. Die Zahl der Mönche wurde in späteren Jahren auf 40, die Zahl der Brüder auf 300 begrenzt. Die Zeit der Verstöße der Mönche und Laien gegen die Klosterregeln brach an; auch besonderes schwere Fälle von Vergehen blieben nicht aus (siehe die folgenden Abschnitte „Zeitgeschichtlicher Hintergrund – bezogen auf das Kloster Hardehausen“ und „Martins Wahl und seine schwierige Regierungszeit“): Das innere Gefüge des Klosters wurde durch die Aufgabe der Eigenwirtschaft stark verändert. Den größten Tiefstand erlebte das Kloster in Hardehausen im 16. Jahrhundert; die Zahl der Mönche war um 1600 auf 18 gesunken; nach dem 30-jährigen Krieg zählte das Kloster nur noch 6 Mönche.
Im Jahre 1803 (29. Januar 1803) wurde durch Kabinettsorder des Königs Friedrich Wilhelm III. die Aufhebung des Hardehauser Klosters verfügt. 1927 kehrten die Mönche zurück; sie wurden aber 1938 durch die Nationalsozialisten erneut vertrieben. Im Jahre 1952 erwarb das Erzbistum Paderborn einen Teil des Klostergutes Hardehausen käuflich zurück. Die alten Klostergebäude mit den umgebenden engeren Grundstücken bestimmte Erzbischof Lorenz Jäger aus Paderborn zum Bildungshaus für die Jugend und zu einer Landvolkshochschule. Die Lieblingsgründung des Gründungsbischofs Bernhard I. sollte weiterhin ein Ort der Kultur, der Bildung und des geistigen Lebens sein.
Martin Thonemann, Abt in Hardehausen von 1544 bis 1567
Martin Thonemann, aus einer Patrizierfamilie in Warburg stammend, wurde zum 41. Abt in der Geschichte des Zisterzienserklosters in Hardehausen gewählt. Martin regierte von 1544 bis 1567 in einer sehr schwierigen Zeitspanne der Klostergeschichte
Zeitgeschichtlicher Hintergrund – auf das Kloster Hardehausen bezogen
Der zeitgeschichtliche Hintergrund wurde schon im vorigen Abschnitt „Das Kloster Hardehausen“ angesprochen. Hier soll noch eine Vertiefung in Verbindung mit dem Klostergeschehen erfolgen.
Der Vorgänger von Martin I. war der Abt Johannes VII., der von 1530 bis 1543 regierte. Eine seiner ersten Amtshandlungen war wegen der übernommenen hohen Schulden des Klosters der Verkauf des Dorfes Sirixen für 200 Gulden an das Chorherrenstift Dalsheim. Schon sein Vorhänger, Abt Konrad III. (1519 bis 1529) hatte verschiedene Verkäufe getätigt, um den Wirtschaftsbetrieb in Hardehausen aufrecht zu erhalten. Aus dem Jahre 1544 sind Urkunden vorhanden, in denen Martin I. um die Regelung der Schulden seiner Vorgänger bemüht war.
Der Thesenanschlag Martin Luthers am 31. Oktober 1517 an die Schloßkirche zu Wittenberg verschonte auch nicht das Paderborner Land. Der Abt von Scharmbeck, dem dritten Tochterkloster von Hardehausen, war zur lutherischen Lehre übergetreten. Die „neue Lehre“ und der vollzogene Übertritt des Scharmbecker Abtes wühlten auch den Konvent von Hardehausen innerlich auf. Spannungen entstanden, dazu kamen just in diesem Zeitabschnitt Differenzen und Grenzstreitigkeiten mit der Stadt Warburg. Das Kloster ging seinem Abstieg entgegen. Gegen Ende des Jahres 1542 trat der in damaliger Zeit das Fürstbistum regierende Bischof Hermann von Wied zum protestantischen Glauben über und ordnete wenige Jahre später für sein ganzes Bistum an, die „Augsburger Konfession“ zu übernehmen. Dieser Anordnung widersetzte sich das gesamte Domkapitel von Paderborn.
Die „Augsburger Konfession“ war die grundlegende Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche, die von Glauben und Lehren der Evangelischen und von abgestellten Mißbräuchen der katholischen Kirche handelte. Sie wurde für den von Kaiser Karl V. veranlaßten Reichstag von Augsburg (1530) verfaßt, auf dem es zu einem Ausgleich der durch die Reformation entstandenen religiösen und politischen Gegensätze kommen sollte.
Im Jahre 1552 geschah etwas sehr Ungewöhnliches: Der Mönch Cord von Brackel hatte einen heftigen Streit mit seinem Prior, in dessen Verlauf er den Prior in der Klosterkirche erschlagen hat. Der Täter wurde vor Scherfede bei lebendigem Leibe – wie überliefert wird – gevierteilt, und die vier Teile in den vier Klosterdörfern aufgehängt „Zum grauenhaften Erschrecken und Spiegel aller verzweifelten, ungehorsamen Mönche“.
Die Spannungen im Kloster drängten zu einer Lösung. Abt Johannes VII. von Hardehausen bat im Juni 1553 den Abt des Mutterklosters Kamp die schon früher angekündigte Visitation – wie sie ohnehin alle 3 bis 5 Jahre üblich war – nunmehr doch endlich durchzuführen und in Hardehausen für Ordnung zu sorgen. Dazu kam es aber nicht, denn Abt Johannes VII. gab seine Stellung wegen der großen Schwierigkeiten im Zeitablauf und speziell im Kloster Hardehausen vorzeitig auf. Ihm wurde nach seiner Resignation am 31. Mai 1543 der Klosterhof Borgentreich – 12 km nordostwärts von Warburg – zum „standesgemäßen Aufenthalt“ – wie es in der Urkunde heißt – zur Verfügung gestellt.
Das Kloster Hardehausen leitete nach dem Fortgang des Abtes Johannes VII. der Prior des Klosters bis zur Neuwahl des neuen Abtes.
Moderne Springbrunnenanlage im Innenhof des ehemaligen Klosters Hardehausen.
Martins Wahl und seine schwierige Regierungszeit
Bei der Neuwahl brachen die Spannungen des Konvents erneut auf. Die mit der „Augsburger Konfession“ sympathisierenden stimmberechtigten Mitglieder des Klosters wählten Moritz (den „Neuerer“) zum Abt, blieben bei der Auszählung jedoch in der Minderheit und waren der rechtmäßigen Wahlmehrheit unterlegen, die als Nachfolger von Abt Johannes Martin Thonemann zum Abt von Hardehausen wählten (1544). Martin stammte aus der Warburger Familie Johann Heinrich Thone, genannt Thonemann, die großes Ansehen in der Stadt genoß und einen beachtlichen Reichtum zu verzeichnen hatte. Sein Vater Johann, Bruder von Conrad, der Probst von St. Stephan in Mainz war, hatte zweimal geheiratet. Aus der ersten Ehe stammte Joist I. Thöne, genannt Thonemann, aus zweiter Ehe mit Metta Gerold, Tochter des reichen Bürgermeisters Martin Gerold in Warburg und Anna von Geismar, stammte Martin Thöne, genannt Thonemann. Durch diese Ehe kam der in der Familie Gerold übliche Vorname Martin in die Thonemann-Familie.
Ein Beweis für den Reichtum der Familie Thonemann: 1536 zahlte der Durchschnitt der Warburger Bürger an „Schott und Pflicht“ in der Altstadt Warburg 1 – 2 Schillinge; schon der Betrag von 3 Schillingen war selten; 10 Schillinge gaben nur noch zwei Ratsherren. Nach dem Tode ihres Mannes Johann Heinrich 1536 zahlte Metta 14 Schillinge, wie alte Steuerlisten von Warburg ausweisen.
Aus zweiter Ehe stammten neben Martin der Bruder Johann VI. Thöne, 1562 bis 1588 Ratsherr und Kämmerer in der Altstadt Warburg. Martin wurde Abt in Hardehausen und damit einer der angesehensten Persönlichkeiten im Fürstbistum Paderborn.
Um die Finanzen des Klosters wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen, lieh sich Abt Martin von seiner reichen Mutter, der Witwe Metta Thone, genannt Thonemann, geborene Gerold, verschiedene Male größere Geldbeträge. Die Gesamtsumme belief sich am plötzlichen Ende seiner Regierungszeit 1567 nach heutiger (1994) Verrechnung auf etwa DM 600.000 bis DM 700.000,– (EUR 300.000,– bis EUR 350.000,–). Es hat länger gedauert, bis der endgültige Ausgleich zwischen der Familie und dem Kloster Hardehausen erfolgen konnte. Fünf Jahre nach dem Tod von Abt Martin haben sich die Geschwister Joist, Johann und Else über die Schuldsumme mit dem Kloster verglichen. Abt Martin wohnte in der Regel im Kloster, aber nicht ständig; aus dem Jahre 1550 wird berichtet, dass er sich für einige Zeit auf dem Haupthof in Borgentreich wohnlich eingerichtet habe. Ist dies auf die bestehenden Spannungen im Kloster zurückzuführen oder bestehen für diesen Aufenthalt andere Gründe?
Anläßlich der Visitation des Klosters Brenkhausen am 14. Oktober 1558 schloß Martin mit der Äbtissin Agnes Sluters einen Vertrag mit dem Zisterzienserpater Jacob von Dotichem aus der Abtei Amelungsborn über das Amt des Pfarrers in Brenkhausen und geistlichen Betreuers der Ordensfrauen des Klosters dort. Dass Martin für diese beiden Ämter in Brenkhausen einen Pater aus Amelungsborn einsetzen mußte, läßt die Vermutung offen, dass hinsichtlich des Konvents in Hardehausen noch immer eine schwierige Lage bestand und keine zuverlässigen Mönche in Hardehausen zur Verfügung standen. Diese Vermutung scheint gerechtfertigt, weil der Pater aus Amelungsborn schon nach kurzer Zeit seine Aufgabe in Brenkhausen aufgab. Abt Martin sandte dann den Hardehauser Pater Liborius Bolte als neuen Stelleninhaber nach Brenkhausen; dieser verliebte sich in eine der Ordensfrauen, heiratete sie und trat zum Protestantismus über. Der nächste Pater Bernhard Kopperschmied „trieb es noch toller“, wie es in den Klosteranalen heißt, kam wegen Betrugs und Diebstahls ins Gefängnis. Der letzte vom Kloster Hardehausen entsandte Pater Petrus Krantz wurde schließlich wegen anderer schwerer Delikte aus dem Orden entlassen. Die Beziehungen Hardehausen – Brenkhausen blieben weiterhin mit diesen negativen Vorkommnissen belastet. Für den Hardehausener Abt Martin Thonemann, der sich bei allen Entscheidungen um die Einhaltung der Ordensregeln in Liebe und Güte bemühte, waren diese außergewöhnlichen Geschehnisse eine schwere Bürde und deprimierende Sorge.
Das Zisterzienserkloster Wormeln unterstand ebenfalls dem Kloster Hardehausen. Als die dortige Äbtissin Anne von Senden verstorben war, führte Martin im Auftrag des Abtes von Marienfeld den Vorsitz im Wahlakt zur Neuwahl einer Äbtissin. Diese Aufgabe nahm er sehr ernst; er ließ sich in Einzelgesprächen von allen Schwestern die jeweilige Meinung vortragen, wer von ihnen als die würdigste und geeignetste Nachfolgerin in Frage käme. Die Wahl fiel auf Katharina von Lohn (24.04.1561). In einem Protokoll heißt es: „Die Gewählte vergoß Tränen und wurde ohnmächtig, lehnte aber auf weiteres Zureden doch nicht ab“. Im Beisein von weiteren Mönchen von Hardehausen, auch von Johannes Focken, der einige Jahre später als Johannes VIII. sein Nachfolger im Amt des Abtes von Hardehausen wurde, führte Martin die gewählte Schwester in das Amt als Äbtissin vom Zisterzienserkloster Wormeln ein.
Am 15. September 1560 siegelte Abt Martin I. den Staatsvertrag, der über den neuen Grenzverlauf zwischen Paderborn und Waldeck ausgehandelt worden war. Abt Martin steht in der Urkunde vor anderen acht Persönlichkeiten an dritter Stelle nach Bischof Rembert und den beiden Grafen von Waldeck.
Martin Thonemann starb 1567
Nach über 23 Jahren segensreichen Wirkens und verantwortungsvoller Ausübung seines hohen Amtes starb Abt Martin I. in Hardehausen 1567; es war für das große Kloster eine Zeit der ökonomischen und geistigen Erholung, aber eigentlich nur eine kurze Pause in der stürmischen Zeit.
Abt Martin Thonemann galt im gesamten Fürstbistum Paderborn als eine hochgeachtete Persönlichkeit; das geht auch aus der Tatsache hervor, dass er bei der Bischofsweihe Rembert von Kerssenbrock (1547 bis 1568) am 02. Mai 1548 in der Klosterkirche zu Dalheim als erster der geladenen Gäste genannt wurde. An der im gleichen Jahr im Herbst stattfindenden Diözesansynode, vom neuen Bischof einberufen, zur Reform des Klerus nahm Martin ebenfalls teil.
Es sprach für den neu erworbenen Wohlstand von Hardehausen, dass auf dem Landtag zu Schwaney im August 1558 zur Veranlagung der Landessteuern für das Kloster Hardehausen der höchste Betrag festgesetzt wurde.
Es war für den Abt und Klostervorsteher Martin Thonemann bei aller Zerrissenheit der Zeitverhältnisse und der großen Uneinigkeit des Klosterkonvents gleich zu Beginn seines hohen Amtes keine leichte Aufgabe, das große Klostergut mit den zahlreichen Mönchen und Konversen zu lenken und zu leiten. Eine hohe Verschuldung, teils durch seine Vorgänger verschuldet, drückte schwer auf seinen Schultern. Martin hatte sich für die Beibehaltung des katholischen Glaubens entschieden und diese Entscheidung mit aller Deutlichkeit immer vertreten und stand damit im Gegensatz zu seinem Bischof von Paderborn und zur Auffassung eines Teils seiner ihm unterstellten Mönche. Eklatante Vorfälle im eigenen Kloster und in den mit Hardehausen in Verbindung stehenden Ordensgemeinschaften forderten ein hohes Maß an Güte und Toleranz, aber auch eine starke und feste Hand, wenn es um religiöse Angelegenheiten ging. Er war nicht bereit, aus seinem Grundverständnis heraus, den einfacheren Weg, ein „laissez faire“ zu gehen, sondern blieb seinem von den Vorfahren übernommenen Glauben treu, verteidigte ihn sein ganzes Leben lang. Ihm war es nicht vergönnt, eine neue Blüte des Hardehausener Klosters zu erzwingen, trotz seines enormen Einsatzes; die Zeitverhältnisse der Umwelt waren einfach stärker. Trotz allem war er eine bedeutende Persönlichkeit mit vorbildhaftem Charakter und Verhalten, die Nachfahren können stolz auf ihn sein!
Siegel des Zisterzienser-Abtes Martin Thonemann vom Kloster Hardehausen vom 16.10.1544 – unter dem Bild des Abtes ist deutlich die alte Hausmarke der Familie erkennbar.
(Quelle: Nordrhein-Westfälisches Staatsarchiv Münster, Urkunde Hardehausen, Nr. 811)
Das Siegel Martins vom 16. Oktober 1544 befindet sich im Staatsarchiv Münster – Hardehauser Urkunden; es ist das älteste erhaltende Siegel der Familie Thonemann. Unter dem Bild des Abtes und der umlaufenden Inschrift befindet sich eine Hausmarke, die 1572 auch Martins Bruder Johann VI., 1608 sein Neffe, der Ratsherr Martin II. sowie dessen Bruder Heinrich benutzte.
Es kann wohl als richtig unterstellt werden, dass die Vorfahren in Warburg kein Wappen führten, jedoch eine Hausmarke, die zum Siegeln aller Urkunden benutzt wurde. Die Hausmarke entwickelte sich aus zwei rechtwinklig gekreuzten Balken; sie wurde sowohl von den Altstädtern der Familie als auch von den Neustädtern benutzt. Die Altstädter Linie Thonemann ergänzte dieses Zeichen dadurch, dass sie an den beiden Enden des Querbalkens links nach oben und rechts nach unten noch einen Strich hinzusetzte. In dieser Form siegelt auch Martin von Hardehausen (siehe Siegel) am 16. Oktober 1544. Das Siegel seines Bruder Joist I. Thöne, genannt Thonemann, weist dazu noch einen Querbalken über der Senkrechten auf.