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Die Wappenkunde, die theoretische Heraldik, umfasst die Gesetze und
Regeln des Wappeninhalts, der Wappenführung, die Geschichte des
Wappenwesens und schließlich die Wappenkenntnis, die zur damaligen
Zeit mit der Personenkenntnis identisch war.
Die Wappenkunst, die praktische Heraldik, befasst sich mit der Gestaltung
der Wappen, dem Aufriss oder Entwurf und der heraldisch richtigen
und stilreinen Darstellung aller Wappenteile nach den vorgeschriebenen
Regeln und Gesetzen der Wappenkunde.
Das Wappenrecht schließlich umfasst die rechtliche Grundlage
der Wappenführung und Wappenverwendung, einschließlich
des Siegelrechts, die Kontrolle über die Einmaligkeit des Kennzeichens
und dessen rechtlicher Besitz.
Geschichtliche Entwicklung des Wappens
Wappen,
Wappenwesen und Wappenführung lassen sich vom Ursprung
bis zur Gegenwart in drei große Epochen einteilen:
die Heraldik des Schildes, die lebende Heraldik und die tote
Heraldik.
Ab dem 12. Jahrhundert zeigt der bisher aus mehr oder weniger
kostbarem Material hergestellte Schild nun ein farbiges, unterscheidungskräftiges,
jedoch noch nicht erbliches Kennzeichen seines Trägers.
Dieses waffentechnisch bedingte, weithin erkenn- und deutbare
Persönlichkeitssymbol auf dem Kampfschild macht den Kämpfenden
für Freund und Feind kenntlich. Noch fehlen jedoch dem
schweren und schmucklosen Kampfhelm Helmzier und Helmdecken,
die zu den wesentlichen Bestandteilen eines heraldischen Vollwappens
zählen werden. Die Bemalung einzelner Helme in den Schildfarben
kann nur als zusätzliches Erkennungszeichen gewertet werden.
Ein erneuter Einfluss der Kriegs- und Waffentechnik auf die
heraldische Weiterentwicklung ist erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts
nachweisbar, jener Zeit, in der Kampf und Kampfspiele sich kaum
unterscheiden. Damit endet die Zeit der Heraldik des Schildes.
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Das Wappen gewinnt von nun an laufend an Bedeutung. Die anfänglich
sogar mehrmals wechselnde Schildfigur wird zum beständigen Kennzeichen
ihres Trägers, von etwa 1200 an allmählich erblich und vom
persönlichen Kennzeichen zum Familienzeichen. Neues Persönlichkeitszeichen
wird die Helmzier. Und damit beginnt die Weiterentwicklung der Wappenkunst.
Die Helmzier identifiziert den am Turnier teilnehmenden Ritter bei
der vorher stattfindenden Helmschau und gilt zugleich als Beweis seiner
Turnierfähigkeit.
Von nun an bilden Schild und Helm mit Helmzier und Helmdecken als
geschlossene Einheit das Vollwappen. Der ehemalige Kampfschild erlangt
dadurch einen neuen, zusätzlichen Wert, er wird zugleich heraldischer
Schild. Es beginnt die Blütezeit des Wappens und der Wappenführung.
Sie erstreckt sich über das gesamte Mittelalter bis zu Beginn
des 16. Jahrhunderts. Es ist die Zeit der lebenden Heraldik, in der
die Wappenführenden ihre Schutzwaffen im Kampf und Turnier wirklich
gebrauchen und in der das Wappen, nunmehr voll anerkannt und erblich
geworden, im Siegel auch rechtliche Bedeutung erlangt.

Mit
der Erfindung der Feuerwaffen beginnt die Zeit der toten Heraldik.
Sie bringen tiefgreifende Umstellungen in der Kampf- und Rüstungstechnik.
Sinn und Zweck der Abwehrwaffen gehen verloren. Auch dem Turnierwesen
wird schließlich ein Ende gesetzt und damit erlischt die letzte
lebendige und praktische Verwendung der wappengeschmückten
Schilde und Helme. Die Heraldik kann sich fortan nur noch im Siegel
und als dekoratives Schmuckelement behaupten, so lange wenigstens,
bis Willkür, Unkenntnis und Mangel an Verständnis den
endgültigen Verfall einleiten und die Wappen schließlich
als reine und vielfach beziehungslose Sinnbilder in einem wissenschaftlichen
Kanzleischema erstarren.
Die Herolde
Die Herolde waren durch ihre Personen- und Wappenkenntnis besonders
geeignete Bedienstete von Fürsten und Turniergesellschaften.
Sie trugen einen Herolds- oder Wappenrock, den Tappert, geziert
mit dem Wappen des Dienstherrn. Ihre Aufgabe war es, die den Turnieren
vorangehende Helmschau durchzuführen, die Wappen der Teilnehmer
eingehend auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, besonders
streng auf die Farbregeln zu achten, unrechtmäßig geführte
Wappen zurückzuweisen, die Turnierfähigkeit der zum Kampf
Angetretenen zu beurteilen und abschließend einen Bericht
über das Turnier abzufassen. In der Blütezeit vom 13.
bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts lag das gesamte Wappenwesen in
der Hand der Herolde.
Danach wurden ihre Aufgaben zunehmend von den Heroldsämtern
übernommen, so dass die Herolde allmählich an Bedeutung
verloren und letztlich verschwanden.
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