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wurden
vom Kaiser Karl VI. geadelt
Franz Friedrich Thönemann, jüngster Bruder des berühmten
Paters Vitus Georg Thönemann, wurde Jurist wie sein Vater; er
ließ sich im Jahre 1685 in Warburg nieder, arbeitete dort als
Advokat und Notar und erreichte auf dem juristischen Gebiet durch
eine neue Gerichtsordnung und Änderungen in der Gerichtsbarkeit
der Herrschaft Canstein besondere Erfolge. Da er auch fürstliche
Dienste verrichtete, erhielt er den Titel eines kaiserlichen Hofpfalzgrafen
(comes palatinus), den sein Großonkel Bernhard von Wiedenbrück
bereits innegehabt hatte. Dieses Palatinat stellte eine Art Erhebung
in den Adelsstand dar und berechtigte, Wappenbriefe zu verleihen und
Legitimationen auszustellen.
Franz Friedrich Thönemann verheiratete sich am 14. Januar 1687
mit Maria Elisabeth von Hiddessen, der Tochter des Bürgermeisters
Hans Heinrich von Hiddessen (geboren 1612; gestorben 1672) und seiner
Frau Margareta Schlicker. In erster Ehe war er mit Angela Weddigen
verheiratet. Maria Elisabeth (geboren am 27. Februar 1656 in Warburg;
gestorben am 17. Dezember 1707) stammte aus der landadeligen Familie
von Hiddessen, zunächst in Höxter, dann in Warburg ansässig;
der Großvater Johann von Hiddessen war Oberst unter Tilly und
Gouverneur des Emslandes und Kommandant der Stadt Meppen gewesen;
der Bruder von Johann, Rudolf mit Namen, war Stiftsdechant in Heiligenstadt
und Probst in Nordhausen; der zweite Bruder, der in Marburg studiert
hatte, war Kurmainzer Amtmann in Lindauer im Eichsfeld.
Ein Bruder von Maria Elisabeth von Hiddessen, Hermann Christoph (geboren
1639), hatte in Paderborn und Marburg sein Studium absolviert und
war lange Jahre Kurmainzer Hofrat, verheiratet mit Helena von Giesen.
Ein weiterer älterer Bruder von Maria Elisabeth, Hans Heinrich
(geboren 1641), wurde Herr zu Peckelsheim und war mit Ursula Theodora
von Nagel verheiratet, der Tochter des Kanzlers von Friesland, Stammvater
der späteren von Hiddessen in Warburg.
Durch den Reichtum seines Vaters, Dr. jur. Heinrich Thönemann,
kam Franz Friedrich zu mehreren Gütern in der Warburger Gegend,
insbesondere Lehensgütern des Stiftes Corvey. Hinzu kamen aus
dem Besitz des Freiherrn von Canstein Lehen aus den Dörfern Germete,
Papenheim, Rotheim und Ossendorf (Warburger Mark). Franz Friedrich
starb am 21. März 1718 in Warburg und wurde in der Neustädter
Kirche vor dem Kreuz-Altar begraben.
Von seinen sechs Kindern wurde Johanna Maria Helena 1717 adeliges
Fräulein in dem Damenstift in Willebadessen und bekleidete von
1741 bis 1778 das Amt der Äbtissin.
Johann Vitus Christoph , geboren am 27. März 1693 als drittes
Kind, wurde Jurist wie sein Vater; er studierte in Münster und
in Mainz. Dort ließ er sich als Rechtsanwalt nieder und verheiratete
sich am 30. März 1724 mit Anna Maria Barbara von Lobenfried.
Er hatte Erfolg bei größeren Prozessen, wurde dadurch bekannt
und kam beruflich schnell weiter: 1732 Kurmainzer Hofrat, 1734 Hofgerichtsrat,
1736 Appellationsgerichtsrat am Obersten Mainzer Gericht. Kaiser Karl
VI. ernannte ihn am 5. Juli 1740 zum kaiserlichen Reichskammergerichtsassessor
in Wetzlar.
Der Bruder Johann Konrad Franz, das vierte Kind von Franz Friedrich,
wurde am 18. Oktober 1694 in Warburg geboren, später Stiftsherr
und Scholaster an St. Mauritz in Münster, Generalvikariatsassessor
und Kirchenrat des Kurfürsten von Köln. Er starb am 23.
Juli 1747 in Münster/Westfalen.
Das Reichskammergericht in Wetzlar bestand zu dieser Zeit als höchstes
deutsches Gericht aus einem Kollegium von zwölf Kammergerichtsassessoren,
einem hochadeligen Präsidenten und einem gleichfalls hochadeligen
Reichskammerrichter. Die Hälfte der Assessoren vertraten den
Kurfürsten, die andere Hälfte die übrigen Reichsstände
und jeweils einer den Kaiser; dieser eine Assessor – als besondere
Heraushebung – hatte das Recht, als Reichskammerrichter den
Präsidenten des Gerichts zu vertreten.
Alle Richter trugen eine besondere Tracht und durften nur in Begleitung
eines Dieners ausgehen. Interessant ist wohl, dass diese würdigen
Herren von allen Zöllen, Steuern und Portotaxen befreit waren
und ein lebenslängliches, jährliches Gehalt von 3555 Talern
bezogen.
Soweit Assessoren bei ihrem Eintritt als Richter in dieses hohe Gremium
„nur“ bürgerliche Personen waren, war es üblich,
dass diese Assessoren schon bald nach dem Eintritt in den Adelsstand
erhoben wurden. Vitus Christoph hatte sich, wie auch sein Bruder Konrad
Franz, am 20. Mai 1734 mit Rücksicht auf die soziale Stellung
der Familie, ihren Reichtum und die adeligen Heiraten bereits durch
den Kaiser die adelige Herkunft bestätigen lassen und war am
1. November 1735 mit seinem Bruder Johann Konrad Franz in Anerkennung
der Leistungen der Thonemann-Vorfahren, die „in Policitis et
Publicis auf den Crayß- und Reichstägen die gemeine Wohlfahrt
befördert“ hatten, mit dem Titel „Edler von Tönnemann“
in den Reichsritterstand erhoben worden. Bei der „Wappenverbesserung“
(Ergänzung des Wappens wegen des Adels) durch den Kaiser wurden
den beiden Brüder mit Rücksicht auf ihrem bekannten Onkel,
Pater Vitus Georg Tönnemann SJ, (ob er beim kaiserlichen Hof als
Intimus des Kaisers wohl nachgeholfen hat?) die sonst recht hohen
Gebühren für diesen staatlichen Vorgang erlassen. 1749 wurde
Vitus Christoph in Anerkennung seiner besonderen Leistungen in Heilbronn
als Reichsritter in die Matrikel der reichsunmittelbaren Ritterschaft
des Landes Franken aufgenommen. Eine Würzburger Rangliste führte
1757 seinen Sohn Georg Ignatz als Baron von Tönnemann auf. Betrachtet
man die Ahnentafel der Vorfahren Thonemanns, die Liste von einsatzfreudigen
und begabten Persönlichkeiten, kann man wohl von einer Aristokratie
der Leistungen sprechen.
Der Adelsbrief des Kaisers für die
beiden Brüder von Tönnemann
Die Adelsverleihung erfolgte auf Veranlassung des bedeutenden Mannes
unseres Geschlechts, Pater Vitus Georg Tönnemann SJ, Beichtvater
Karl VI. in Wien für seine beiden Neffen Johann Vitus Christoph,
Reichskammergerichtsassessor in Wetzlar, und Johann Konrad Franz,
Generalvikariatsassessor und Kirchenrat des Kurfürsten von Köln;
beide sind Söhne von Franz Friedrich Thönemann, Bürgermeister
von Warburg und seiner Frau Maria Elisabeth von Hiddessen. Die Verleihung
erfolgte durch Brief und Siegel Karls VI. in Wien (Verdienstadel!).
Der Text aus dem Reichsregister Karl VI. Nr. 24 fol. 211 V ff. im
Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien hat die Überschrift: „Reichs-Ritterstand
cum praedicato Edler von, für Beede Gebrüder Johann Conrad
von Tönnemann Canonico und Scholastico ad Sanctum Mauritium zu
Münster, und Johann Christoph Veit von Tönnemann Chur –
Mayntzischen Regierungs- und Hoff-Rath“.
Der Adelsbrief erregt durch sein Material und die grafische Gestaltung
besondere Bewunderung. Auf feinstem weichen Pergament findet sich
handschriftlich der Text, dessen prächtige Titelseite beginnt:
„Wir Carl der Sechst von Gottes Gnaden Erwehlter Römischer
Kayser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs ...“ es folgen dann
sämtliche, sich auf den Umfang des Hl. Römischen Reiches
beziehenden Titel.
Das schwere Siegel mit der fein ziselierten Messingkapsel hat einen
Durchmesser von 17 cm. Sie zeigt den Doppeladler mit Zepter und Schwert
und den Initialen C VI.. Der Einband mag roter Samt gewesen sein;
er ist sehr verblaßt.
Der erste Absatz des Briefes – nach der Aufzählung aller
Titel Kaisers Karls – sagt aus über die grundsätzliche
Situation: „Wiewohl Wir auss römisch-kayserliche Höhe
... auch angeborener Güte, und Mildigkeit ... denen unsere Gnad
und Gütigkeit mitzutheilen ... zu begaben, deren Voreltern und
Sie ... in getreuen Diensten rühmlich verhalten“.
Das nächste Kapitel gilt all den Voraussetzungen zur Verleihung
des Adelstitels, als da sind: eheliches Herkommen, adelige Eigenschaften,
Tugenden, Vernunft, Gelehrt- und Geschicklichkeit. Im einzelnen folgt
die genaue Schilderung der Verdienste „beeder Gebrüder“,
als auch ihrer Verwandtschaft, unter denen „ritterliches Wohlverhalten
gegen den Erbfeind ...“ nicht fehlt.
„Bemelten Beeden Gebrüdern Johann Conrad und Johann Christoph
Veit von Tönnemann“ wird dann im folgenden „sambt
des letzteren seinen jetzigen und künfftigen ehelichen Leibs-Erben,
und derenselben Erbens-Erben, Manes- und Weibs-Persohnen absteigender
Linie in ewigen Zeiten ...“ der Adelstitel verliehen. Stimme,
Sitz, Würde, Freiheit und alle anderen ergebenden Rechte und
Vorteile werden namentlich aufgezählt.
Die Führung und ausführliche Beschreibung des Wappens ist
Gegenstand der weiteren Absätze des Adelsbriefes, das farbig
in feiner Aquarellmalerei dargestellt ist. Im einzelnen werden alle
Gelegenheiten zur Führung und Vorzeigung des Wappens genannt.
Interessant ist schon der anschließende Aufruf an alle Stände
der Hl. Römischen Reiches, weil die Tönnemanns nun als „ritterliche
Persohnen“ gehalten werden, „Ungnad und Straff“
angesagt sind, falls die so Ausgezeichneten „beleydigt würden“
falls das oben beschriebene Wappen fälschlicherweise geführt
werden würde.
Das Dokument schließt: „Mit Urkundt dieses Brieffs besiegelt
mit Unseren Kays. anhangenden Innsiegel, der geben ist unserer Stadt
Wienn den Ersten Tag Monaths Novembris nach Christi Unsers Lieben
Herrn und Seeligmachers Gnadenreicher Geburth in 1735. Unseres Reiche
und Römischen im 25. des Hispanischen, im 33. des Hungarisch-
und Böhmischen auch im 25. Jahre“.
Die weiteren
Nachkommen vom Adeligen Johann Vitus Christoph von Tönnemann
und die Tönneburg bei Warendorf
Franz Friedrich Thönemann, Bürgermeister in Warburg, war
in erster Ehe mit Maria Elisabeth von Hiddessen verheiratet; sechs
Kinder, darunter Johann Vitus Christoph, geboren am 27. März
1693 und Johann Konrad Franz, geboren am 18. Oktober 1694, - beide
in Warburg auf die Welt gekommen – wurden in dieser Ehe geboren.
Franz Heinrich Anton starb in jungen Jahren; Johanna Maria Helena
Christiana, geboren am 7. Januar 1701 in Warburg, wurde Äbtissin
des adeligen Damenstiftes in Willebadessen (1741 bis 1778). Johann
Konrad Franz trat in den Priesterstand, wurde Generalvikariatsassessor
und später Kirchenrat beim Kurfürsten von Köln. Von
Maria Margaretha und Joseph Franz sind keine näheren Einzelheiten
bekannt.
Johann Vitus Christoph von Tönnemann (siehe nähere Ausführungen
zuvor) heiratete am 30. März 1724 Anna Maria Barbara von Lobenfried;
aus dieser Ehe gingen 10 Kinder – 6 Söhne und 4 Töchter
– hervor. Sohn Leopold Joseph wurde Jurist (in der vierten Generation),
zwei Söhne Johann Konrad Franz Ludwig und Johann Jacob Franz
Ludwig starben in jungen Jahren. Die übrigen drei Söhne
wurden Offiziere. Johann Vitus Georg Ignatz erhielt in Würzburg
durch Vermittlung des Reichskammerrichters Fürsten Hohenlohe-Waldenburg
die Stelle eines Hauptmanns und kämpfte mit Auszeichnung in den
verschiedensten Schlachten des 7-jährigen Krieges. Am 18. Juli
1751 verheiratete er sich mit Anna Maria von Merckel aus Würzburg.
Die Ehe blieb kinderlos; er starb im Jahre 1799 im Alter von 72 Jahren.
Bernhard Anselm Joseph, geboren am 21. Dezember 1732 in Mainz, wurde
in den Jahren 1749 bis 1751 als Fähnrich und Offiziersanwärter
genannt. Der weitere Werdegang ist nicht bekannt. Eine der Töchter,
Helena Franziska, geboren 1741, verheiratete sich 1778 mit dem Rittmeister
Bartholomäus von Chiari.
Die Tochter Maria, geboren 1726, gab (vor 1751) Leopold Philipp Albert
Adolf Erhard Graf von Galler das Jawort; er stammte aus hohen Offizierskreisen,
war kurpfälzischer Geheimrat und Regierungspräsident in
Neuburg an der Donau.
Das letzte Kind von Johann Vitus Christoph von Tönnemann und
Anna Maria Barbara von Lobenfried wurde Julian Gerhard Georg Wilhelm
Xaver getauft (1. März 1745 in Wetzlar geboren; gestorben am
9. Juli 1810 in Warendorf). Bevor Wilhelm Xaver als Oberstleutnant
nach Warendorf versetzt wurde, lebte er als Major in Münster.
Er besaß dort den alten Erbdrostenhof in der grünen Stiege,
den er von dem Freiherrn von Droste-Vischering erworben hatte. Als
er mit seinem Regiment von Tönnemann im Jahre 1778 nach Warendorf
verlegt wurde, wo er dann Oberst wurde, verkaufte er die Wohngebäude
mit dem großen Park in der Stadt Münster an die Fürstin
von Galitzin; damit sollte dieses Haus in Münster der Sammelpunkt
vieler berühmter Leute werden, wie Claudius, Goethe, Jacobi,
Lavater u. a.. In den folgenden drei Jahren erwarb Xaver vor dem Emstor
in Warendorf in der Nähe des Kalvarienberges aus dem ehemaligen
Exerzierplatz eine größere Fläche von rund 500 Morgen
(1 Morgen = 0,25 ha), auf dem er sich ein Haus, einen eingeschossigen
Ziegelsteinbau im Barockstil, erbaute. Diesen Hausbesitz nannte der
Volksmund bald die „Tönneburg“. Das satte Rot der
Wand- und Dachflächen stand in bester Harmonie zu dem dunklen
Grün der umgebenden Nadelholzwälder. Nach dem vorhandenen
Bauplan hatte das Wohnhaus 10 Zimmer, dazu ausreichende Wirtschaftsräume
sowie Küchen und Keller, die in der Mehrzahl in einem Anbau untergebracht
waren.
Die Tönneburg, so wird überliefert, ließ bei aller
Schlichtheit in der baulichen Anlage doch einen herrschaftlichen Charakter
nicht vermissen. Hier führte der Oberst von Tönnemann mit
seiner Frau Margareta von Ernsthuys aus Holland und den vier Kindern,
Helena Arnoldine Agnes, die im Alter von erst 34 Jahren schon starb,
Catharina Theresa, die vier Jahre nach der Vermählung mit dem
Major Karl August von Teiffel am 4. Oktober 1800 starb (er wurde später
Postmeister in Mülheim a. d. Ruhr – sie hatten zwei Kinder
– ) sowie den beiden Söhnen Christoph und Franz Karl ein
höchst angenehmes Familienleben. Davon legte das Tagebuch des
14-jährigen Christoph, ganz genau und detailliert geführt,
aus den Jahren 1789 und 1790 ein beredtes Zeugnis ab. Es gibt ein
anschauliches Bild von dem Leben einer begüterten, vornehmen
und geistig interessierten Familie auf dem flachen Land ab, auch von
dem regen Verkehr mit den Offizieren der Garnison Warendorf –
dort lag ja das Regiment von Tönnemann in Quartier – und
den Honoratioren der Stadt, die nur eine halbe Stunde mit dem Reitpferd
oder der Kutsche von der Tönneburg entfernt waren. Ausreichendes
Personal stand in der Tönneburg zur Erledigung aller anfallenden
Arbeiten zur Verfügung. So erfahren wir aus dem Tagebuch auch,
dass die Frau Oberst in ihren Haushalt eine große Stütze
an einer „Lisbet aus Vechta“ hatte, die eine weitgehende
Vertrauensstellung innehatte. Im Winter mußten die Mägde
selbstgezogenen Hanf, Flachs, auch Hasenwolle, spinnen. Vier fette
Schweine, die zusammen 1100 Pfund (550 Kilogramm) wogen, wurden alljährlich
geschlachtet, reichten aber für den großen Haushalt und
den vielen Besuch bei weitem nicht aus; das fehlende Fleisch wurde
durch Zukauf gedeckt. Berichtet wird in diesen Unterlagen im Gegensatz
zu den wohlhabenden Leuten auch von den Arbeitern, die, da Fabrikationsstätten
und Gewerbebetriebe nur sehr spärlich vorhanden waren, die schwere
Landarbeit fast gänzlich mit der Hand zu verrichten hatten. Ein
guter Knecht verdiente zu dieser Zeit etwa 8 bis 10 Taler jährlich
neben Kost und Wohnung, die Mägde sehr viel weniger. Es war nicht
selten, auch in den späteren Jahrzehnten, dass junge, kräftige
Männer in den Herbstzeiten von Dienstherrschaft zu Dienstherrschaft
wanderten, um nach Arbeit zu fragen und häufig genug zu jeder
Winterarbeit allein für die Beköstigung – ohne Lohnzahlung
– bereit waren. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass
sich auch mancher junge Mann für das Militär anwerben ließ,
um Brot zum Essen zu haben; vielleicht lockte auch die schmucke, bunte
Uniform.
Der Tagebuchbericht gibt ein anschauliches Bild von dem abwechslungsreichen
Leben der Offiziersfamilie auf der Tönneburg, von der schönen
und sorgenfreien Jugendzeit der Kinder der Oberstfamilie von Tönnemann,
von Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung, auch vom
Lernen mit dem Vater oder dem angestellten Lehrer, der täglich
im Fußmarsch von Warendorf zur Tönneburg kam. Zuweilen
durften die Kinder auch mit dem Vater in der eigenen „Equipage“
nach Münster mitfahren, eine Fahrt, die auf den noch nicht befestigten
Wegen vier Stunden erforderte. Die Schönheiten der Stadt Münster,
das gemeinsame Speisen mit dem General haben den Tagebuchschreiber
sehr beeindruckt. Das schöne Familienleben auf der Tönneburg
wurde durch die französische Revolution beeinflußt, als
die französischen Freiheitskämpfer durch ihre Erfolge auch
den Lüttichern Mut zur bewaffneten Erhebung machten. Der Landesherr,
Bischof von Münster Graf von Hoensbruch, flüchtete vor der
wachsenden Empörung. Am 21. Oktober 1789 wurde auch das Regiment
von Tönnemann in Warendorf einberufen; am 17. November 1789 marschierte
das Regiment aus seinem Standort ab, um sich mit den münsterischen
zu vereinen. Von diesen beiden Regimentern zogen, wie der Stadtchronik
von Münster zu entnehmen ist, 1000 Mann Fußtruppen, 100
Kavalleristen, 27 Artilleristen mit 6 Kanonen, 6 Munitionswagen und
15 „Kistwagen“ am 20. November morgens um 8 Uhr aus dem
Aegiditor nach Lüttich und kehrten erst nach 21 Monaten zurück.
Ende August 1791 war das Regiment von Tönnemann wieder in Warendorf.
Oberst Wilhelm Xaver von Tönnemann starb am 9. Juli 1810 in Warendorf.
In der französischen Zeit war Sohn Christoph Eigentümer
der Tönneburg. Er war eine Zeitlang Bürgermeister von Warendorf.
Am 30. Juli 1803 hatte er sich mit Maria Anna von Chiari verheiratet;
zwei Kinder wurden aus dieser Ehegemeinschaft geboren, Helena Franziska
Maria Anna Wilhelmine (23. Oktober 1805) und Norbert Joseph Bartholomäus
(14. März 1807), der bald nach der Geburt starb. Die Tochter,
Helena Franziska Maria Anna Wilhelmine verheiratete sich am 9. August
1823 in Warendorf mit dem Postinspektor Joseph Zumholz aus Münster.
Der Bruder von Christoph, Franz Karl von Tönnemann, wurde 1774
geboren; er wurde auch Offizier, Münsterscher Oberleutnant und
ging später als preußischer Hauptmann vom Militärdienst
ab. Seine Heirat mit Philippine Theodora Freiin von Westram erfolgte
1811; sie war die Tochter von Friedrich von Westram zu Gutacker, Major
in Warendorf und seiner Frau Maria Wilhelmine von Scheffert zu Kreyenborg;
die Wiederverheiratung erfolgte mit N. von Glan aus England. Der Sohn
Christoph Wilhelm Julius von Tönnemann, Offizier zu Münster,
nahm wegen einer Schußverletzung an der Hand seinen Abschied
und wurde Gutsbesitzer auf Haus Farwick bei Amelsbühren; er wurde
1815 geboren, verheiratete sich 1848 zu Südlohn mit Dieudonné
Adela Gräfin von Looz-Corswarem, dessen zweiter Sohn Alfons,
wohnhaft in Ohio/USA 1888 das Gut Tönneburg verkaufte. Der erste
Sohn Clemens verstarb kinderlos im Jahre 1924 zu Wolbeck; Alfons,
Albert und Ludwig gingen nach Amerika.
In männlicher Linie ist damit das Geschlecht von Tönnemann
hier in Deutschland erloschen. Das Adelsprädikat ist damit ebenso
hinfällig.
Das Herrenhaus der Tönneburg bei Warendorf brannte 1885 ab; damit
verbrannten alle alten Akten der Familie von der Warburger Zeit an.
Alfons baute den massiven Teil wieder auf, jedoch verkaufte er den
gesamten Besitz, der noch 210 Morgen umfaßte, an den Kaufmann
Linnemann in Ahlen, von dem es einige Jahre später, mehrfach
aufgeteilt und parzelliert, an verschiedene Erwerber überging.
Damit gehörte auch die Tönneburg wie die Familie von Tönnemann
der Geschichte an. Später entstand auf dem Gelände das Warendorfer
Landgestüt und nach dem 1. Weltkrieg die Westfälische Reit-
und Fahrschule in Warendorf. |